Wie ein altes deutsches Schwanklied zum bloßen, belanglosen Kinderlied herabgesunken ist.

Hier der Text aus der Erinnerung (Strophenreihenfolge kann falsch sein, möglicherweise gibt es weitere Strophen):


1. "Gretel, Pastetel, was machen die Gäns'?"
"Sie sitzen im Wasser und waschen die Schwänz'."

2. "Gretel, Pastetel, was macht eure Kuh?"
"Sie steht dort im Stalle und macht immer 'muh'."

3. "Gretel, Pastetel, was macht euer Hahn?"
"Er sitzt auf der Mauer und kräht was er kann."

4. "Gretel, Pastetel, was macht euer Huhn?"
"Es gackert und gackert, hat sonst nichts zu tun."

5. "Gretel, Pastetel, was macht euer Schwein?"
"Es grunzt laut und wälzt sich und findet das fein."

6. "Gretel, Pastetel, was macht euer Pferd?"
"Es steht dort vorm Wagen und heißt 'Ehrenwert'."

7. "Gretel, Pastetel, was macht euer Has?"
"Der sitzt auf der Wiese und füllt sich mit Gras."

8. "Gretel, Pastetel, was macht euer Hund?"
"Er liegt in der Hütte ist rund und gesund."

9. "Gretel, Pastetel, was macht eure Katz?"
"Sie sitzt hinterm Ofen und leckt sich die Tatz'."

10. "Gretel, Pastetel, was macht euer Knecht?"
"Er sitzt in der Schenke 'Zum goldnen Hecht'."

11. "Gretel, Pastetel, was macht eure Magd?"
"Sie ist mit dem Nachbarn im Wald auf der Jagd."

12. "Gretel, Pastetel, was macht euer Mann?"
"Der schafft für uns alle das Essen heran."

Der ursprüngliche Text hatte die feine Ironie, daß alle Hausbewohner ein faules Nichtstun pflegen, nur der Mann für alle arbeiten muß. Gretel Pastetel ist dessen gleichfalls faule Ehefrau, wobei "Pastetel" auf die süßen Pasteten hinweist, die sie in ihrem faulen Nichtstun verspeist. Das ist nun natürlich heute nicht mehr "politisch korrekt", schließlich will man heute ja emanzipiert sein, die Frau als nichtsarbeitend im Vergleich zum Mann hinzustellen, geht nicht. Durch Kürzungen wurde zuerst die ganze Ironie weggenommen, indem die letzte Strophe gestrichen wurde. Und dann müssen auch Knecht und Magd weg, sind ja nicht mehr "zeitgemäß". Nun könnte man meinen, damit sei es genug, aber weit gefehlt, auch die restlichen Strophen wurden umformuliert. So Str. 8:

"Gretel, Pastetel, was macht euer Hund?"
"Er bewacht unser Haus und ist kerngesund."

Denn einen Hund in der Hundehütte - das geht gar nicht. Kettenhundhaltung ist inzwischen verboten. Und "rund" sollte er auch nicht sein, adipöse Hunde entsprechen nicht dem Bilde von artgerechter Tierhaltung. Der politisch korrekte Hund läuft also "kerngesund" herum und tut sogar etwas, nämlich wachen. Damit ist der ursprüngliche Sinn des Liedes, wo alle faul sind, ins Gegenteil verkehrt. "Kerngesund" ist zudem eher ein neueres Wort, vor 1 bis 2 Jahrhunderten hat man so nicht gesprochen. Es wurden dann auch noch Strophen erfunden wie eine mit der Ziege, die man schon am Wort "Tick" als Zudichtung erkennt, zumal der Reim gar nicht überzeugt:

"Gretel, Pastetel, was macht eure Zieg?"
"Sie ist am Meckern und hat einen Tick."

Selbst die Hasenstrophe wurde - ohne ersichtlichen Grund - umgeändert:

"Gretel, Pastetel, was macht euer Has?"
"Der kratzt seine Löffel und auch seine Nas."

Genauso erging es der Katzenstrophe, wobei ich ein wenig den Verdacht habe, daß da einer die Frakturschrift nicht lesen konnte und so aus "Tatz" den "Latz" machte. Oder man will auf das Lätzchen anspielen, das Kleinkinder beim Essen umhaben - sie sollen sich in dem Liede also irgendwie wiederfinden:

"Gretel, Pastetel, was macht eure Katz?"
"Sie sitzt hinterm Ofen und putzt sich den Latz'."

Die gibts auch mit diesem modernen Ende:

"Gretel, Pastetel, was macht eure Katz?"
"Sie liegt in der Sonne und schläft ratzefatz".

Klar, "ratzefatz" ist ein Mode-Slangwort und hat in einem alten Liede gar nichts zu suchen. Aber in einer dekadenten Gesellschaft, wo aus Kindern "Kids" werden und aus Backfischen "Teens", da ist "ratzefatz" wohl akzeptabel.

Zuweilen ist die moderne Umdichtung selbst vom Versmaß her unerträglich wie in dieser Strophenfassung:

"Gretel, Pastetel, was macht euer Hund?"
"Er bellt was er kann dauernd, Stund und Stund".

Der Kreativität waren dann offenbar keine Grenzen mehr gesetzt, man erfand sogar Strophen für Tiere, die früher als Ungeziefer nie erwähnt worden wären:

"Gretel, Pastetel, was macht eure Maus?"
"Sie sitzt in dem Loch und sie traut sich nicht raus".

"Gretel, Pastetel, was macht euer Floh?"
"Er lebt auf dem Hund und ist deshalb so froh."

Die folgende zugedichtete Strophe scheint mit der neuen Funktion des Schwankliedes als Kinderlied entstanden zu sein. Kinder sollen brav sein, sich die Tiere im Liede zum Vorbild nehmen:

"Gretel, Pastetel, was macht euer Schaf?"
"Es steht auf der Wiese und ist immer brav."

Aus der Ehefrau Gretel Pastetel der Originalfassung wird nun ein Kind, das sozusagen von seinem Bauernhof erzählt. Und die Magd die sich im Walde mit dem Nachbarn vergnügt, wurde schon in der Urfassung diskret verschwiegen, zu einer "Jagd" umgeändert, aber Erwachsene wußten natürlich, um was für ein Treiben es da geht, zumal Mägde und Knechte nicht jagen durften.

Somit ist dieses Lied ein Musterbeispiel für drei Dinge: Wie selbst Volksliedkenner mit unsern Überlieferungen umgehen, die sie offenbar weder kennen, noch verstehen.
Dann: Wie kulturfeindlich das Internet ist, wenn man so ein einfaches deutsches Volkslied dort nirgends vollständig findet, und
wie vermeintliche Politische Korrektheit selbst vor solchen alten Liedern nicht haltmacht.

[ironie] "Gretel, Pastetel, was macht der I. Q.?"
"Der sinkt immer tiefer, die Blödheit nimmt zu".[/ironie]

Lichtgruß
Geza