Gestern - es war Vollmond - am späten Nachmittag feierten wir das alte Fest Winternacht, welches in vielen Sagas als Vetrnóttablót erwähnt wird und in Südgermanien durch Allerheiligen, Allerseelen (1. und 2. 11.) und dem Martinstag (11.11.) ersetzt wurde. Die Celten feierten zu Monatsanfang (Vollmond!) und nannten das Fest Samhain.

Das Wetter war kalt, aber trocken. Der Kreis wurde eingehaselt und mit heidnischem Weihrauch geräuchert, drei Mal umgangen, und Bienenwachskerzen entzündet. Nach dem Hornruf und dem Begrüßungsgebet, sowie einem Lied, rief ich die Götter Wodan, Fria und Mannus (Heimdallr) sowie die Disen an. Nach der Anrufung Wodans trug ich den Waut (Ährenfigur, die Wodan darstellt und beim Herbstfest geweiht und über dem Schalenstein aufgehängt wurde) in den Kultkreis und befestigte Ihn an einer dafür vorgesehenen Holzstange.

Nach den Anrufungen trug ich den zum Feste passenden Eddamythos vor, diesmal waren es die Hrafnagaldr Ódins (Forspiallsljód). Dieses Lied ist sehr schwer verständlich und dunkel, darum aber nicht minder gut geeignet. In ihm wird auch die Göttin Jörunn (Njörunn, Njörds Gemahlin) genannt. Um den Mythos des hereinbrechenden Ragnarök nachzuvollziehen, wurde das alte Kindertanzlied "Goldne, goldne Brücke..." gesungen. Weitere Lieder des Festes waren "Ach bittrer Winter, wie bist du kalt ..." (am Anfang vor den Götteranrufungen), sowie "Der Wallt hat sich entlaubet gen disen Winter kalt" - ein Lied von 1460, was wunderschön durch seine Melodie in eine archaische Stimmung versetzt.

Dann traten alle nacheinander zum Altar vor, auf dem die reichlichen Opfergaben lagen, um ihre persönlichen Gebete still zu sprechen. In der Mitte in einem Korb lag der Götterteil, am Rande die Teile, die wir danach im Opfermahl aßen. Es waren gebackene Zöpfe (Gebildgebäck), Hörnchen, kleine Kipfel (süße Hörnchen) und Äpfel und Nüsse. Traditionell gelten die Zöpfe als "Haar der Frau Holle" und die Hörnchen sind Mondsichelsymbole (Mannus), während die Äpfel (Frau Holle) auch Symbole des ewigen Jugend und Wiedergeburt sind. Doch zunächst trug ich die überlieferten Opfersprüche vor, sowie zwei Hymnen aus dem Rigveda (in Übersetzung), die 4000 Jahre alt sind. Dann weihte ich die ganzen Opfergaben und nach dem mittelalterlichen Liede "Wodan lieber Herre, nun laß uns fröhlich sein ..." begann das Mahl, wobei zunächst zwei Hörner auf Wodan und Fria kultisch geweiht und reihum geleert wurden. Dazu wurden auch die Lieder "Wodan, starke Kraft" und "Frau Holle tut das Wasser tragn" gesungen. Auch die Götterbilder erhielten einen Teil vom Kultgetränk, und zwar zuerst. Dann aßen wir, es folgte das Horn auf Mannus und eines auf die Disen, Ahnen, Fylgjar, also die umgebenden Geistwesen. Dabei gedachten wir der kürzlich verstorbenen Toten, ich also zuerst an meinen Vater, der im Gilbhart 2016 gestorben ist.
Am Ende wurden die Götter und Ahnen mit entsprechenden alten Sprüchen verabschiedet, der Waut wurde wieder an Seinen Platz gebracht und die Opfergaben niedergelegt.

Es war ein wunderschönes Fest, und alles war in großer Harmonie.

Lichtgruß
Geza